Handschrift des Monats August 2023: Ein Buch für alle Zeiten – Das Breviarium Cod. 1018

01.08.23, 00:01
  • Handschrift des Monats Aktuelles

Das Stundengebet der Klöster gab es auch als reine Textversion. Breviarien konnte man sogar auf Reisen mitnehmen – wenn sie nicht so schwer waren wie dieses Exemplar.

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Auf die beiden privaten Andachtsbücher, die in den Monaten Juni und Juli vorgestellt wurden, folgt in diesem Monat das kirchenoffizielle Vorbild – ein Breviarium für den Gebrauch in einem Kreuzherrenkloster. Ein Breviarium oder Brevier ist eine Zusammenstellung von Gebeten und Gesängen für das verpflichtende Stundengebet der Kleriker (fol. 12r). Der Zusatz „für ein Kreuzherrenkloster“ zeigt, dass die Texte – trotz grundsätzlich einheitlicher Aufteilung – je nach Orden, Bistum oder Region variieren konnten. Auch auf Reisen mussten Kleriker solche Breviere mit sich führen, die dann einen verkürzten Text enthielten.

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Das vorliegende Exemplar Cod. 1018 mit vollständigen lateinischen Texten, aber ohne Musiknotation, stammt aus dem 1802 aufgehobenen Kreuzherrenkloster Hohenbusch bei Erkelenz und wurde im 15. Jahrhundert für den Gebrauch der dortigen Konventsmitglieder geschrieben. Sein Umfang und Gewicht schließen aus, dass es als Reisebrevier benutzt wurde. Vielmehr ist davon auszugehen, dass es beim liturgischen Stundengebet der Gemeinschaft oder für das private Gebet der Kleriker in den Pfarreien benutzt wurde. Ein Schreiber der Handschrift, der die in Hohenbusch häufig anzutreffende Hybrida libraria verwendete, ist jedoch nicht bekannt (fol. 43v).

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Die Herkunft aus Hohenbusch belegt ein Eintrag im Kalendarium, wo zum 13. Oktober das Fest Dedicatio Altinemoris, also die Kirchweihe von Hohenbusch, erwähnt ist und am 20. Oktober auch noch deren Oktavtag nachgetragen wurde (fol. 5v). Die Angabe wird gestützt durch die Feier des Festes Kreuzerhöhung am 14. September mit dem höchsten (totum duplex) und jene des hl. Lambertus, Patron der Kathedrale von Lüttich, am 17. September mit dem zweithöchsten Festgrad (duplex), denn das Kreuzherrenkloster Hohenbusch lag innerhalb der Diözese Lüttich.

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Die Textblöcke innerhalb des Buches sind so angeordnet, wie es für den Gebrauch während der Tagzeiten am sinnvollsten war: Am Beginn steht das obligatorische Kalendarium, dann folgen einige Rubriken mit Hinweisen auf die Verteilung bestimmter Gebete. Die 150 alttestamentlichen Psalmen und einige Cantica (Lieder) aus weiteren biblischen Büchern bilden sodann den Grundstock des Stundengebets (fol. 70v). Es folgen die Formulare für das Kirchenjahr (Proprium de tempore), sodann die Eigenfeste der wichtigeren Heiligen (Proprium de Sanctis) und die allgemeinen Texte für andere Heiligenfeste (Commune Sanctorum). Das Breviarium endet mit den Gebetstexten für das Totengedenken.

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Der Buchschmuck ist entsprechend dem nicht-repräsentativen Zweck des Buches eher gewöhnlich; auch das Beschreibmaterial Papier lässt nur das Malen mit Aquarellfarben zu. Größere Zierinitialen dienen der Gliederung des Psalters nach Wochentagen, stehen aber auch am Beginn größerer Abschnitte wie etwa beim Commune Sanctorum (fol. 403r). Sie bestehen aus blauen Buchstabenkörpern mit papiersichtigen Aussparungen, die mit Blatt- und Rankenornamenten in brauner Federzeichnung verziert wurden. Rote Akzente in den Ornamenten und als Fadenausläufer dienen der Ausschmückung und heben die Bedeutung dieser Zierinitialen noch hervor.

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Das Buch wurde 1988 restauriert und neu gebunden. Der eingeheftete Restaurierungsbericht vermeldet, dass das Breviarium durch intensive Nutzung und ungünstige Lagerung stark verschmutzt und zerstört war. Die blauen Zierinitialen waren abgerieben und durch Nässeeinwirkung ausgelaufen (fol. 26v). Im Rahmen der Restaurierung wurden sie gegen weiteres Auslaufen gesichert sowie Fehlstellen der Blätter am Rand angefasert. In diesem erneuerten Zustand wird die Handschrift weitere Jahrhunderte überdauern und Zeugnis vom geistlichen Leben in Hohenbusch ablegen können.